Hinzukommt eine ganze Reihe von vollkommen missverstandenen Norminhalten, die den Unternehmen mit dem Argument „das steht so in der Norm“ oder „das muss für die Zertifizierung so sein“ verkauft werden. Als Beispiel sei das Thema „Risikomanagement“ genannt, das aus der neuen Normversion konsequent herausgeschrieben wurde. Das entsprechende Normkapitel kommt gar nicht mehr vor. Bis zu den Beratern hat sich dies aber wohl noch nicht herumgesprochen, denn die entsprechenden Festlegungen in den QM-Systemen stehen weiter drin.
Oder das Thema „Interessierte Parteien“. Mit diesen hat der Normgeber eine dritte Gruppe (neben dem Kunden und dem Gesetzgeber) konzipiert, die verbindliche Anforderungen an das QM-System oder das Produkt des Unternehmens stellen können. Doch anstatt den Unternehmen klar zu sagen, dass es eine solche Partei in der Regel für das jeweilige Unternehmen nicht gibt, oder falls doch, nur die Anforderungen dieser Partei in das QM-System hereinzunehmen sind, werden den Unternehmen lange Listen verkauft, wer theoretisch alles als „Interessierte Partei“ in Frage käme, ohne die wichtigen Konsequenzen daraus zu durchdenken oder eine Umsetzungslösung anzubieten.
Es gäbe noch viele Beispiele, hier nur noch eins. Unter „Wissen der Organisation“ versteht die Norm die Informationen, die das Unternehmen vom Auftrag bis zur Endprüfung durch die verschiedenen Bereiche des Unternehmens weiterleiten muss, damit das Produkt konform mit den Kundenanforderungen ist. Das ist allein schon nicht ganz trivial. Verlage und Berater verkaufen den Unternehmen hier aber komplexe Konzepte zum „Dokumentenmanagement“ oder „Wissensmanagement“. Das ist nun wirklich vollkommener Quatsch.
Will ein Unternehmer wissen, ob er einen Berater hat, der gegen Honorar keine zusätzliche Bürokratie einbaut, müsste er sich selbst in die Normenwelt einarbeiten. Manchmal hilft aber auch der normale unternehmerische Menschenverstand. Ich empfehle allen aber folgenden „Lackmustest“: Die neue Norm verlangt viel weniger Dokumente. QM-Handbuch, Verfahrensbeschreibungen, Prozesse etc. müssen nicht mehr verschriftlicht sein. Vergleichen Sie doch mal die Seitenzahl Ihres QM-Systems heute mit der Zahl von vor drei Jahren. Wenn die Anzahl der Seiten nicht deutlich gesunken ist, suchen Sie sich einen richtigen QM-Berater.